Holsteinischer Courier 1999-01-23
Tageszeitung

Kieler Kurzfilm in den USA bejubelt
Peter Leder und Mathias Denker drehen erfolgreich Videos

Jens D. Riedel

No future???
Wer "(No) Future?", den ersten Experimentalfim von Peter Leder (links) und Mathias Denker gesehen hat, ist sich sicher, daß auch dieses Video eine Auszeichnung verdient hat.

Wenn Mathias Denker und Peter Leder die Videokamera in die Hand nehmen, dann kommt nicht nur ein Film heraus, sondern meistens auch ein Preis. Die letzte Auszeichnung für die Regie-Amateure gab es vor wenigen Wochen in den USA beim größten Independent-Film- und Videofestival der Welt.

Angefangen hat alles vor vier Jahren im Kieler Arbeitsamt, wo die beiden beschäftigt sind. Mathias ist dort für die Aus- und Fortbildung der Kollegen zuständig. Eines Tages entstand die Idee, einen Lehrfilm für die Kollegen zu drehen. Bei der Arbeit an dem Streifen, der inzwischen bundesweit in allen Arbeitsämtern gezeigt wird, kamen Mathias und Peter auf den Geschmack. Sie beschlossen, die Arbeit mit Kamera nach Feierabend fortzusetzen.

Gleich mit ihrem Erstling heimsten Peter Leder und Mathias Denker den Publikums- sowie einen Sonderpreis bei Kieler "Monte Video"-Festival ein. Gesucht waren Urlaubsfilme, "und da wir gerade nicht im Urlaub waren, haben wir halt eine Geschichte darüber gemacht, wie jemand in den Urlaub fahren möchte" erzählt Mathias.

Dankbares Objekt für die beiden Freunde von der Förde war die immer wieder Schlagzeilen machende Hörnbrücke. Sie kostet in "No Way to Norway" den Helden (dargestellt von Peter Leder) wertvolle Zeit, so daß ihm am Ende der Dampfer vor der Nase wegfährt. Der in schwarz-weiß gedrehte Stummfilm wurde nicht nur im Offenen Kanal in Kiel und Flensburg, sondern auch schon im Kommunalen Kino gezeigt.

1. Preis für betrunkenen Hund

Mathias und Peter haben keine großen Vorbilder und lassen sich daher auch in ihrem Stil nicht festlegen. So schildert "Faß!" den Gang des Hundes durch eine Wohnung. Der Vierbeiner entdeckt plötzlich ein Glas Bier, schlabbert daran, läuft torkelnd weiter und kippt schließlich betrunken auf die Seite - gezeigt wird dies alles aus der Perspektive des Tieres! Lohn: 1. Preis beim Flensburger Wettbewerb Tiefenschärfe.

Der übernächste Film "Die winkende Frau", landete dann im September vergangenen Jahres beim Euro Video Festival der photokina in Köln unter den ersten zehn Preisträgern. "Warum es nicht auch noch einmal woanders versuchen? fragten sich die beiden Kieler Videomacher vom Erfolg beflügelt, als sie über eine kleine Zeitungsnotiz auf das Independent-Festival in Flagstaff aufmerksam wurden. Bei dem größten unabhängigen Film-Festival der Welt haben sich immerhin schon Größen wie Steven Spielberg, Oliver Stone, Ridley Scott und David Lynch ihre ersten Lorbeeren geholt. "Und wir nun auch", schmunzelt Peter.

Unter 1.850 Mitbewerbern aus 28 Nationen gab's einen "Final Anward" in der Kategorie "Comedy-Original". Handschriftlich fügte der Festival-Manager unter seine Nachricht noch den PS-Zusatz hinzu: "Very funny. The audience loved it."

Etwas überrascht über die Anerkennung waren die beiden Regisseure schon, denn "Die winkende Frau", zeigt tatsächlich einzig das, was der Titel verspricht - und das auch nur fünf Sekunden lang und erst ganz am Ende. Die zwei Minuten und 55 Sekunden davor sind nichts anderes als ein ellenlanger Vorspann mit aberdutzenden Phantasienamen und -danksagungen für zum Beispiel pädagogische und psychotherapeutische Betreuung während der Dreharbeiten. Der Vorspann ist offensichtlich eine Sprache, die Cineasten in aller Welt verstehen. "Da kommen natürlich schon Worte wie Casting, Stunts oder Tokyo-Crew vor. "Darauf haben die sich da drüben dann schnell ihren Reim gemacht", erläuterte Peter.

Kürzlich wurde ein erster und gelungener Experimentalfilm fertig. Wer "(No) Future?" gesehen hat, der ist sich sicher: Auch dieser Film ist absolut preiswürdig.

Für das Video-Duo sind "die Kurzfilme nur Fingerübungen". Schon längere Zeit ist ein größeres Projekt geplant. Ein humorvoller wie spannender Thriller aus Schleswig-Holstein soll es sein, der seinen Reiz aus dem typischen norddeutschen Menschenschlag zieht. Doch zeitliche und finanzielle Probleme sowie ständiges kritisches Hinterfragen des Drehbuches ziehen das Vorhaben in die Länge. Da kommt den Kielern der Wettbewerb "1999 Minuten Weimar" im Rahmen des Programms der Kulturhauptstadt dieses Jahres gerade recht. Aus 1999 Ein-Minuten-Filmen soll eine Art Weimar-Rolle entstehen, die von 3sat ausgestrahlt wird. Da würden Peter und Mathias gerne mit dabei sein.

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